Gedanken - E ala E
von Tanuka (Kommentare: 0)
Für das Video sind Jonas und ich in den Garten gegangen. Gewöhnlich steh ich aber im Bellevue und schaue von dort aus in den Garten. Das Bellevue ist der Raum im Haus mit dem wunderbaren Blick in die Tiefen des Gartens.
Ich blase auf der Bou einen langen tiefen Ton. Der ist durchdringend und reicht in meiner Vision bis zum ALL-Einen. Ich stehe im Bellevue – der Raum, von dem aus man in Richtung Osten in den altehrwürdigen Garten blickt. Meine Augen sehen: Die alten Obstbäume meiner Großeltern, die Beerensträucher, die große Tuienhecke zu den Nachbarn, dahinter die ersten Anhöhen der Alpenkette. Kohlleite mit den drei Bäumen, Rabenkopf mit dem Gipfelkreuz. Ich bin dankbar, hier leben zu dürfen.
Es ist früh, irgendwas um 7 Uhr. Ich entlocke dem Schneckengehäuse den Ton. Die Terassentür ist nur leicht geöffnet - ich will die Nachbarn nicht irritieren. Die Sonne geht im Osten auf und je nach Monat sehe ich sie mal am linken Rand der Berggipfelkette aufgehen oder erst ein wenig weiter am rechten Rand der Kette. Hier in Kochel erlebe ich vier Jahreszeiten und verschiedene Sonnenstände.
Wenn ich auf der Bou blase, sehe ich nicht nur das Grün des prachtvollen Gartens, ich sehe auch das tiefblaue Meer, sehe den Vulkan Haleakala. Auf Hawaii gibt es gefühlt immer nur Sommer, die Sonne geht von unserem Ferienhaus auf Maui in Kihei in der Maalaea Bay aus gesehen immer an derselben Stelle über dem Vulkan auf. Ich sehe den grünen kurzgeschnitten Rasen mit den Palmen, sehe den Sandstrand, nehme die Wellen wahr, riechen den Ozean und bin verbunden mit der Tiefe des Meeres. Verbunden auch mit der Weite des Ozeans. Von dort kann ich von Ost nach West den gekrümmten Horizont wahrnehmen und bin mir meines Seins bewusst. Ein Mensch – ein kleiner Matrixpartikel – auf der Erde, einem Planeten, der sich um eine Sonne dreht, die nur eine von vielen Sonnen ist.
Interessant: Die Bou ist keine Muschel. Sie ist ein grosses spiralförmiges Schneckenhaus. An der Spitze ist es angeschnitten, so kann man darauf blasen und Töne erzeugen. Die Hawaiianer nennen sie so. Sie wurde ursprünglich dazu verwendet, vom Meer aus im Boot rudernd damit anzufragen, ob man an Land kommen darf. Geantwortet wurde ebenfalls mit einer Bou. Irgendwann kannte man sie dann nur noch als Ritualgegenstand.
Meine Bou zuhause kenne ich schon seit ich ein kleines Mädchen bin. Sie gehörte in den Haushalt meiner Großeltern und hatte einen besonderen Platz neben einem blanken Tigerschädel mit riesigen Zähnen und einem Stock zwischen denselben. Beides fand ich faszinierend. Ich habe mich nun, aus Hawaii zurück, gefragt, wie meine Großeltern an diese Bou kamen und mir die eigenartigsten Geschichten dazu ausgedacht. Vor kurzem kam ein Mann zu uns, der kundig ist in bayerischen Trachten und alten Bräuchen. Der klärte mich auf, dass das nichts Besonderes sei, dass man früher damit versucht habe ein Gewitter wegzublasen. Das sei ein alter Brauch und auch früher hätte es schon Importe gegeben. Soviel zur Bou. Die Geschichte zum Tigerschädel, der vielleicht auch ein anderes Raubtier war, gehört nicht hierher.